Monika Supé
'Schein und Sein'
Eröffnung Do 21. Februar 2019 | 19:30 Uhr
Die Künstlerin ist anwesend
Es spricht Margot Prax
Ausstellungsdauer 21.2.2019 bis 23.3.2019
Fotos der Ausstellungseröffnung
„Warum Lügen kurze Beine haben …
Monika Supé „Schein und Sein“ in der Galerie Z. Hard
Am 21. Feb. eröffnet die Galerie Z . in Hard eine Ausstellung mit Arbeiten der Künstlerin Monika Supé. Der Titel „Schein und Sein“ passt der in der Nähe von München lebenden und arbeitenden Künstlerin treffend in unsere Zeit der „Fake-news“ und „Fake-views“. Eine der zentralen Arbeiten aus dem Zyklus „Schattenzeichnungen“ ist „In Wahrheit Lüge?“, aus 2017, nach einem Ausschnitt aus „Die Verleumdung des Apelles“ von Sandro Botticelli. Monika Supé war im Nov. 2017 auf Einladung der Kuratorin Andrea Fink in der Galerie „allerArt“ in Bludenz zu Gast mit kokonartigen Drahtobjekten, leicht schwebenden Hüllen und Ummantelungen sowie Zeichnungen, auf denen der Strich mit dem Tuschestift ebenso wie der gehäkelte Draht betörend funktioniert. Die Künstlerin, die eigentlich von der Architektur kommt und eine Professur für Raumgestaltung an der Akademie für Mode und Design in München bekleidet hat, changiert zwischen der Zwei- und Dreidimensionalität und lotet mit ihrem Material, dem Draht, den sie mit einer Häkelnadel in Schlaufen verhäkelt, nicht nur die Bedeutung des Raums und die Linearität der Zeit aus, sondern verschafft den Objekten auch eine feinsinnige Plastizität.
Sehen lernen
„In Wahrheit Lüge?“ bildet den Kern der Ausstellung um das Thema „Schein und Sein“. Im Jargon des Alltags meinen wir, die Wahrheit könnte man einfach abhandeln. Bei näherer Betrachtung erweist es sich jedoch, dass die Verhältnisse in Wirklichkeit wesentlich komplexer sind. Auf verschiedenen Ebenen verquicken sich Geschichten, die einem deutlich machen, dass man aufs Zitat hin nachgeprüft oder aus jeweils anderer Perspektive betrachtet, eine ganze Reihe von Wahrheiten generieren kann. Alle in Hard präsentierten Kunstwerke drehen sich kaleidoskopisch um dieses Thema. Unter dem Titel „In Wahrheit Lüge?“ zeigt sie in zwei Ausschnitten, beleuchtet und unbeleuchtet, in gerahmten Gehäusen, motivisch „Die Verleumdung des Apelles“, nach Sandro Botticelli. In die weiße Rückwand des Gehäuses sind eher ungeordnet wirkende Drähte gesteckt. Unbeleuchtet erkennt man zunächst nicht, was sich hinter der Arbeit verbirgt. Beleuchtet man die Drähte, die allein für sich das Ergebnis gar nicht erkennen lassen, formt deren Schattenwurf eine Zeichnung, die wieder verschwindet, wenn man die Lichtquelle ausschaltet. „Wahrheit hängt in diesem Fall von der Beleuchtung ab, so wie unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit abhängig ist vom Licht.“ Bei genauerem Hinschauen jedoch entdeckt man, dass die Wahrheit ihrer Arbeit wie die Tonfigur des Dolos keine Füße besitzt.
„Den Wald vor lauter Bäumen …“
… besteht aus weißen Platten, die einen fensterhaften Ausschnitt haben, hinter dem sich ein weiterer 6 cm tiefer Raum befindet. Diesen hat die Künstlerin mit den jedes Frühjahr treibenden Fichtenwipfeln gefüllt, die sie in lauter kleine Stücke zerschnitten hat. Im Vordergrund sind diese kleinen Stämmchen dick, nach hinten werden sie immer dünner. In der einen Kiste sind sie ebenso wie der Hintergrund weiß, in der anderen grau. Dahinter gelegt befinden sich Lichtquellen, und beim Betrachten sieht es so aus, als ob man sich wie durch einen Wald bewegt, durch die Bäume in eine Lichtung hineinschaut und die Stämme plastisch werden. Es geht darum, dass wir Dinge nicht erkennen können, weil man zu nahe dran ist. Mit ihrem Interesse an der Illusion, dem Scheinhaften und der Einstellung zu Dingen, die sich wiederum auch ändern können, wenn man es denn schafft, sich auf eine andere Perspektive einzulassen, öffnen Monika Supés Kunstwerke den Diskurs zur Wahrnehmung hin.
„Hinters Licht führen lassen“
Wissenschaftlich-methodisch ging sie Fragen nach, ob sich Wahrnehmung trainieren lässt und wie diese mit Fragen der Gestaltung korrespondiert. In ihrem künstlerischen Schaffen interessiert es sie herauszufinden, wie leicht wir uns „hinters Licht führen lassen“. Damit ist die Künstlerin ganz auf Höhe der Zeit, der Politik und der großen gesellschaftlichen Transformationen. Diese Einsichten wie ihre Architekturerfahrungen mit Raum und dem Verhältnis von Körper und Raum nützt sie in ihrer Kunst, was besonders an der Sprache der Künstlerin und der Lexik, die sie für ihre Kunstwerke verwendet, deutlich wird. Differenz. Zwischenräume. Innen und außen. Haut. Verdeckt und nicht verdeckt. Eingehüllt. Ummantelt. Die Architektur, die sie ziemlich lange ausgeübt hat, hat sie sehr geprägt. Die Auseinandersetzungen mit dem Raum, sagt die Raumforscherin, entstehen immer imDialog. An den Raum angrenzend gibt es Bereiche, in denen der Mensch immer zur Wahrnehmung kommt. Wir schauen mit unseren Augen, wir denken mit unserem Kopf, wir fühlen mit dem größten Organ, das wir haben, der Haut. Wie wir einen Raum empfinden, auch mit der Kleidung um uns, die ebenfalls einen Raum bildet, eine Hülle, Bedeckung, Ummantelung, alles das geht in einem fortlaufenden Prozess kognitiv und emotionalineinander über.
Aus Draht gehäkelte Reusenhäuser …
… kleinere und größere, die beleuchtet sind und einen Schatten an die Wand werfen, wo sich Bilder von Menschen befinden. Auf Stühlen sitzend oder herumstehend, was den Eindruck erweckt, da sei einer in diesem Objekt gefangen. Die Fragen, wie Körper und Räume zueinander stehen, wie viel Platz sie zum Atmen und Denken öffnen, ist der Architektur wie der Kunst eigen. Häuser, die das zentrale Thema in ihrer Architektur waren, tauchen jetzt auch in ihrer Kunst auf, von denen sie ein Beispiel mit nach Hard bringt.
Wie nah Wahrheit, Betrug, Täuschung, Illusion oder Lüge beieinander liegen liest man in der Fabel von Aesop. Dort wurde Aletheia, die Göttin der Wahrheit, von Prometheus aus Ton geformt. Sein Schüler Dolos, der Betrug, formte eine exakte Kopie, aber ohne Füße, weil ihm der Ton nicht reichte. Prometheus soll von der Kopie so beeindruckt gewesen sein, dass er beiden Leben einhauchte. Während sich die Wahrheit bewegen konnte, konnte ihr Zwilling sich zwar erheben, aber nicht laufen, ähnlich des Spruchs „Lügen haben kurze Beine“.
© Peter Niedermair
Kultur – Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, Februar-Ausgabe 2019;
www.kulturzeitschrift.at